Vermutlich gibt es hier keine hundertprozentig richtige Antwort.
Eine Unterscheidung ließe sich historisch herstellen. Die Ursprünge der Osteopathie führen ins Jahr 1874 zurück, als der US-amerikanische Arzt Andrew Taylor Still die Osteopathie als ein gänzlich neues medizinisches Behandlungskonzept vorstellte. In den USA darf die Osteopathie weiterhin nur von Ärzten (sog. D.O.) durchgeführt werden.
Als Begründer der modernen Chiropraktik gilt Daniel David Palmer, der im Jahre 1895 in Davenport (Iowa, USA) erst den eigenständigen Beruf begründete und kurz darauf ein Lehrinstitut für moderne Chiropraktik ins Leben rief. In den USA ist das Studium der Chiropraktik an eigenen Universitäten und dauert mindestens 5 Jahre und schließt mit dem sog. D.C. ab.
Im Fokus der Behandlung eines Osteopathen stehen der gesamte Bewegungsapparat (Muskeln, Bänder, Knochen, Gelenke), das Organsystem (z.B. Leber, Darm etc.) und das Nervensystem (inkl. craniosakrales System).
Tendentiell fokussieren sich Chiropraktiker auf die Wirbelsäule und das Nervensystem.
Ich habe leider im Rahmen meiner vielen (auch internationalen) Fortbildungen öfter einen gegenseitigen Argwohn beider Berufszweige gesehen und bedauert. Aus meiner Erfahrung greifen beide Ansätze in erster Linie auf eine Behandlung mit den Händen zurück. Beide suchen im Körper auf Bereiche, die auf eine Fehlfunktion hindeuten. Diese nennen Osteopathen „somatische Dysfunktion“, Chiropraktiker „Subluxation“. Einfach gesprochen sind dies sicht- und tastbare Veränderungen im Gewebe, die asymettrisch sind, mit einer gewissen Druckempfindlicheit und verminderten Beweglichkeit einhergehen.
Diese lokale Funktionsstörung soll nun durch die Selbstheilungskräfte wieder aufgelöst werden, der Therapeut setzt lediglich einen lokalen Impuls um diese anzustoßen. Ziel ist es diese nach und versuchen so die körpereigenen Selbstheilungsmechanismen zu stimulieren.
Bekannt sind Chiropraktiker eher für die Verabreichung von kurzen raschen Impulsen (Sog. HVLA-Techniken) die auch mit einem Knack-Geräusch einhergehen können. Hier kommen auch besondere Hilfsmittel wie „Drops“ (z.B. Thompson-Tisch) oder Instrumente (z.B. Activator, CIT) zum Einsatz. Allerdings verwenden viele Chiropraktiker auch sanfte Techniken (z.B. SOT) .
Osteopathen sind dafür bekannt, scheinbar eher mit sanfteren Impulsen zu arbeiten. Allerdings sind HVLA-Techniken bei der Ausbildung und täglichen Arbeit amerikanischer Osteopathen unverzichtbarer Bestandteil.
Nach meiner Erfahrung sind in einigen Fällen rasche Impulse(sog. HVLA-Techniken) hilfreich, in anderen sanftere Griffe.
Ich bin froh und dankbar dass ich viel von sehr guten Ausbildern aus beiden Berufszweigen lernen durfte und möchte meinen Patienten das Beste aus Beiden „Welten“ zukommen lassen.